Kritik Klein & Kunst, Markus Freiler

Klein&Kunst Passagier Markus Freiler traute sich am 13. Mai, trotz Unglückszahl, an Board der Coconut Airlines (TheaterCenterForum) und erlebte, nach turbulentem Flug, KEINE Bruchlandung des neuen Projekts von F.R.O.H.. F.R.O.H. sind in personem Sabine Kunz und Rainer Obkircher, und Klein&Kunst-Redakteur Markus Freiler ist froh diesen himmlischen Flug und Höllenritt überlebt zu haben. Hier sein Bericht. Foto: bernhardschramm.com

 

Die Flugbegleiterin Marlene „Fluggäste scheißen, wann ich es will“ würde mir ja, ob ihres suffragettenhaften Auftretens, Sicherheit geben, wäre da nicht ihre Flugangst, die sie mit ihrem Freund „Jack“ bekämpft. Auch der hyperaktive Flugbegleiter Stuart, mit französischem Akzent, der aufgrund von Einsparungsmaßnahmen auch als Pilot einspringt, trägt nicht zu meinem Wohlbefinden bei. Der Reihe nach spielen sich, in dualistischer Weise, folgende Passagiere als „Archtypen“ der modernen Gesellschaft in den Vordergrund: Die aurareinigende Esoterikerin gegen den Nummern-schiebenden Controller. Das sich zu Tode nervende Ehepaar Hans und Martha Pfahl „Bitte ein Glas LEITUNGSwasser“, Die rechts-konservative Lehrerin gegen den links-progressiven Kleinkindpädagogen (mit Handpuppe), der das „Schneewittchen“ politisch korrekt in ein MADHAHA (Mädchen ohne definierte Haut- und Haarfarbe) transformiert. Der hypochondrische Pensionist gegen die gestresste 4fach-Mutti „Ich schreie nicht! Ich spreche mit meinen Kindern.Sie mögen wohl keine Kinder, nicht wahr?“. Allein der Aufreißer „Hallo Puppen … isses so heiß hier oder bin ich das?“ und das tussihafte Möchtegernmodell ergänzen sich symbiotisch. Ein Höhepunkt, im wahrsten Sinn des Wortes, sind deren Lesungen eines 3-Groschen-Liebesromans bzw. eines Motorsportsmagazin, wo beide ganzen „Körpereinsatz“ zeigen.

 

Aufgrund eines unerwarteten Klopapiermangels an Board nimmt, entsprechend der Chaostheorie, das Schicksal seinen Lauf, sodass durch den dritten Weltkrieg 6,7 Mrd. Erdenbürger, nicht auf Coconut Island, sondern vor Göttin und Teufel landen.

 

Anfänglich kommt dem, mit italienischen Akzent sprechenden, Teufel das Grauen, denn in der invertierten Welt verstehen sich die oben erwähnten Dualisten aufs Beste: Es gibt keine Arbeitslosen, Maßnahmen gegen die Überintellektualisierung der Jugend werden notwendig, Menschen laufen zum Schiarchheitschirurgen (aus Hirnmasse wird der Fettarsch modelliert), Österreich besiegt England im Fußball (jetzt wird’s kitschig!), Rogan wird Olympia-Sieger mit einem Bauchfleck, die Stammzellenforschung sucht nach dem „Die-Now“-Gen. Da Göttin mit dem armen Teufel Mitleid hat, wird die „Klopapierkrise“ überwunden. Der Flug kann doch noch, wie geplant, fortgesetzt werden, und wir werden von einer heilen Welt verschont.

 

Es mag wohl nicht das erste Mal sein, dass Kabarettisten die Höhen und Tiefen der menschlichen Existenz persiflieren, was mich aber so F.R.O.H. stimmt, wie gut Sabine Kunz und Rainer Obkircher auf der Bühne harmonieren und sich schauspielerisch ergänzen. Gut gesetzt sind auch die Sangeseinlagen der verschiedenen Figuren zu Evergreens der Popmusik. Worin F.R.O.H. „Dancing Stars“ bei Weitem übertreffen, ist die hohe Kunst, diverse Standard- und lateinamerikanische Tänze mit gleichzeitiger Gesangsdarbietung zu kombinieren – das ist Multi-Tasking in Perfektion! So gesehen ist ihnen zu wünschen, dass sie in Zukunft zu noch ungeahnten Höhenflügen ansetzen…

 

Markus Freiler für Klein&Kunst Onlein

 

Presse: Stadthalle Bruck an der Leitha
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Stadthalle Bruck an der Leitha
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